Die Regierungskommission spricht in ihrer fünften Stellungnahme von jährlich bis zu 5000 vermeidbaren Todesfällen, wenn Patienten zur Schlaganfallbehandlung unmittelbar auf einer Stroke Unit aufgenommen worden wären. Die Analyse an Fällen aus dem Jahre 2021 ist offensichtlich aus Routinedaten in Form von rohen Sterbedaten ohne Risikoadjustierung oder gar strukturiertem Dialog bzw. Peer Review erfolgt. Sie ist damit unwissenschaftlich und fragwürdig. Routinedaten ergeben bei Auffälligkeit lediglich Hinweise auf mögliche Qualitätsmängel. Diese müssen aber weiter verifiziert werden, ob sie wirklichen Mängeln entsprechen oder diese durch ungenügende Risikoadjustierung lediglich vorgetäuscht werden. So ist aus Routinedaten auch nicht erkennbar, ob Patienten aus kleineren Kliniken wegen einer Multimorbidität oder Palliativsituation aus wichtigem Grund nicht in eine Stroke Unit verlegt wurden, oder da sie für eine sinnvolle revaskularisierende Therapie viel zu spät zur Aufnahme kamen. Auch eine Ablehnung der Übernahme wird nicht erfasst. Das verfälscht Ergebnisse zu Ungunsten der Einrichtungen ohne Stroke Unit. Routinedaten zeigen dann zwar eine erhöhte Sterblichkeit an, Behandlungsfehler sind aber nicht die Ursache. Nach den Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Schlaganfallregister (ADSR) kann man davon ausgehen, dass bereits über 90% der akuten Schlaganfälle auf Stroke Units behandelt werden, in Hessen sind es nach Aussage der Landesarbeitsgemeinschaft Qualitätssicherung (LAQH) sogar 95%. Die Regierungskommission verschärfte für ihre Auswertung aber die Kriterien für eine Stroke Unit, so dass sich in der Analyse lediglich eine Rate von 76,8% ergab. Das Alles stellt die wissenschaftliche Grundlage dieser Aussagen erheblich in Frage und lässt einen erheblichen Bias vermuten. Grundsätzlich sind rein aus Routinedaten so weitreichende Schlussfolgerungen ohne weitere Überprüfungen nicht möglich. „Hier wird ein Problem in der Schlaganfallbehandlung in Deutschland hochstilisiert, das durch die Verbesserungen der letzten Jahre nicht mehr existiert. Aufnahmeraten in Deutschland von über 90% entsprechen dem für Europa angestrebten Ziel. Dazu werden rein aus Routinedaten und veränderten Kriterien für Stroke Units abenteuerliche Zahlen angeblich verhinderbarer Todesfälle hochgerechnet. Der Kommissionsbericht muss hier korrigiert, an sich das ganze Thema Schlaganfallbehandlung entfernt werden. Die Aussagen sind reine Stimmungsmache, welche die wichtige Diskussion über zukünftige Krankenhausstrukturen vergiftet“, so PD Dr. M. Weber, Präsident des Verbandes leitender Krankenhausärztinnen und –ärzte (VLK).